Tahiti: Wirbelsturm Oli

    Cyclonsaison im Pazifik - Cyclon OLI auf Tahiti

    Segeln Pazifik - Tahiti liegt auf der Zugbahn des Cyclon OLI

    Es war eine etwas nervenzehrende Woche, die erste Februarwoche 2010, die uns die tropische Depression OLI auf dem Weg gen Polynesien beschert hat. Die Vorhersagen für die Zugrichtung und die Windstaerken waren etwas unsicher, um es mal so salopp auszudrücken.

    Montag: Unsere Routine an jedem Morgen nach dem Fruehstück ist der Griff zum Computer – lass mal schaun, was das Wetter macht.

    Ueber Wilan – kabellose Netzwerkverbindung – koennen wir uns von Bord in das Iaoranet einloggen – und schon haben wir das Wetter fuer Polynesien einschl. Wind und Wellenhoehe. Zudem ist ein Link nach Honululu - von dort kommt die Pacifik-Streamanalyse, auf der man Tief- und Hochdruckgebilde erkennen kann - und zuguterletzt ein Klick nach Fidji – dort ist die Wetterzentrale für den Suedpazifik, dort gibt es Analysen, dort werden die Warnmeldungen bei Wetterstoerungen herausgegeben und von dort werden die Satellitenbilder für den Pazifik zur Verfügung gestellt und die Daten für evtl. Wirbelstürme beobachtet, analysiert und prognostiziert. Doch bisher war die Wetterküche im Südpazifik recht ruhig – 2 kleine Cyclone waren im westlichen Teil aktiv. Doch die Monate Februar und Maerz sind diejenigen mit den hoechsten Vorkommen von Cyclonen – also heisst es wachsam sein. Gestern auf der Wetterkarte war ein kleines Tiefdruckgebiet gezeigt, nordwestlich von uns – ca. 2000 km entfernt - .

    Und nun schauen wir mal – mit einer Tasse Kaffee ganz gemütlich – was so los ist auf dem grossen Pazifik. Und ups! Das Tief von gestern hat sich in eine Depression über Nacht und hat auch schon einen Cyclon-Namen.! So schnell kann das gehen. 

    Bei den Wetterpropheten von Fiji schauen wir dann flugs auf die geschaetzte Zugrichtung :Südost natuerlich .- also auf dem Weg nach Polynesien? Von Meteo France wird zudem schon für Donnerstag die Warnung für Bora Bora und Tahiti herausgegeben.

    Das heisst es also besser – nichts wie weg von Papeete – besser ist es, sich im sog. Hurricanhole von Port Phaeton aufzuhalten. Das ist sozusagen ein Binnensee in der Landverbindung von Tahiti Nui und Tahiti Iti – also der grossen und der kleinen Insel von Tahiti, die durch Land verbunden sind – und dort hat sich ein fjordaehnlicher Einschnitt gebildet. Zudem ist er mit Riffen zum Meer hin geschützt.

    Nun ja , dann mal schnell den Kaffee getrunken und an die Arbeit! Wir liegen hier ja nun schon einige Wochen recht idyllisch auf dem schoenen Ankerplatz direkt am Riff – passend zum schnorcheln und schwimmen – da haben wir auch an Bord nichts segelfertig. Also eilen wir durchs Boot vom Vorschiff bis zur Achterkammer, um alles sicher zu verstauen.. Auf dem Kajuettisch haben wir unsere schoene Sammlung an grossen Muscheln dekoriert, ebenso in der „Badkammer“ , am Kartenschapp liegt ein Stapel Segelzeitschriften, die wir von anderen Seglern bekommen haben, ein anderer Stapel Handbuecher etc liegt am Tisch, in den offenen Fachern im Salon liegt viel Kleinzeug von Brille, Nagelfeile, Kugelschreiber, Bilder, Perlen, Muscheln,. ... da muessen die Sicherungsnetze gespannt werden, in der Pantry sind diverse Glaeser, Tueten und Flaeschchen, gespült ist natuerlich auch nicht.....

    Und auf dem Deck .... das Sonnendach ist nicht aufgespannt, weil es soviel Wind hatte waehrend der letzten Tage, aber das Schlauchboot muss an Deck, nachdem der Aussenborder am Heckkorb deponiert ist. Dann wollen wir noch Benzin und Diesel tanken, denn in Port Phaeton gibt es zwar eine Tankstelle, die ist aber nur zu Fuss zu erreichen.

    tropical cyclon oli 2

    Uns so ist es dann mittlerweile 12 Uhr, ehe wir an der Tankstelle ablegen, um die 25 sm zu segeln bzw. zu motoren. wir haben naemlich heute hier nur ein laues Lüftchen. Also motoren wir ca. 9 sm nach Süden bis zum Kap, an dem wir dann nach Osten drehen muessen. Die Sonne scheint, wunderbarer blauer Himmel, gruene Berge.... es macht fast richtig Spass. Voraus sehen wir weisse Schaumkronen auf dem Wasser, das wird wohl Wind sein, hoffentlich aus der richtigen Richtung. Aber „Pustekuchen“ – der angesagte Südostwind fegt um die Berge der Insel aus direkt auf die Nase. Und das heftig, bis 28 kn und dann haben wir auch noch die Strömung nicht mehr mit uns sonden gegen uns. Da machen wir glatt nur noch 2 kn durchs Wasser. Das kann ja haarig werden – die Sonne geht um 18.30 unter und ca. ½ Stundespaeter ist es stockfinster. Das ist eigentlich nicht schlimm – aber Riffeinfahrten ohne Tageslicht und zudem noch dieser Pass in die Lagune, der nur so von Untiefen gespiekt ist – wir versuchen es noch 1 Stündchen, gegenanzumotoren – aber es hat keinen Sinn. Wir müssen umdrehen, um noch bei Tageslicht den Ankerplatz der Marina Taina zu erreichen

    So etwas aergerliches. Das sieht auf der Seekarte aus wie ein Klacks, dort mal gerade hinzusegeln – aber von Wegen! Nun verstehen wir auch, warum ein italienischer Segler, der in der letzten Woche dorthinsegeln wollte, morgens um 5 Uhr gestartet ist, just wenn es hell wird .

    Wir sind daraufhin erst einmal wieder vor Anker gegangen - auf 3,5 m Wassertiefe am Bojenfeld der Marina Taina.

    Dienstag:
    Die Zugrichtung stabilisierte sich dann südwestlich von Tahiti und der Kern hatte bis Mittwochnacht 965 mb erreicht, die Windrichtung für uns aus Nord ca. 40 kn - so die Meldungen von Meteo France am Dienstag - weiterhin keine Chance für Port Phaeton bei Süd- und Südostwind 6 Bft. Die Fallboen aus Osten an der Südküste liessen uns keine Moeglichkeit. Wir sind beide sehr müde – vom gestrigen Tag und von der Nacht! Von der Nacht deshalb, weil wir nach den vielen Motorstunden einen schönen heißen Motorblock im Schiff haben – also sind 35 Grad im Schiff, was keinen erholsamen Schlaf zur Folge hatte. So verbringen wir einen mehr oder weniger ruhigen Tag, warten auf die Dinge, die da kommen..... Ein 2. Anker wird an die Kette geschaekelt, wir gehen noch einmal schnell einkaufen für frische Lebensmittel – und gehen früh schlafen.

    Mittwoch:
    Günther hat einen 3. zusaetzlichen Anker ausgebracht. Bei der Kontrolle der anderen beiden Anker stellt er fest, daß sie nicht gut zusammenpassen. Der eine Anker hat den anderen angehoben – er liegt gar nicht mehr fest im Boden sondern wird von der Kette des 2. Ankers angehoben – o Schreck. Über 2 Stunden verbringt Günther also im Wasser, um die Anker wieder voneinander abzuschaekeln und die Ketten neu zu verbinden. Auf gut 3 m Wassertiefe will er nicht mit Tauchflaschen ins Wasser, also immer abtauchen, ein paar Handgriffe taetigen, auftauchen, Luft schnappen und wieder runter... Da TRAMP bei dem starken Wind, den wir schon haben, an der Kette zieht, versuche ich das Boot per Motor im Wind zu halten und die Kette zu entlasten. Bei Boeen ist das gar nicht so einfach. Aber schließlich kommt das Zeichen von Günther – Motor aus – und er kommt erschoepft wieder an Bord geklettert. Und waehrend des Vormittags haben wir dann alles an TRAMP demontiert, was wegfliegen koennte - man weiss ja nicht, ob es bei den 40 kn wirklich bleibt, denn ein Cyclon macht schon ein wenig Gaensehaut. Also Bimini, Sprayhood, Solarplatten, Benzinkanister, das Großsegel nochmals mit einem Tampen umwickelt, die Rollfock mit zusaetzlichen Schoten zur Verhinderung von Aufschwingen verzurrt, den Geraetetraeger diagonal mit den dafür vorgesehenen Spanndraehten gesichert .....

    Am Mittwochnachmittag kam dann von Meteo France die Windstarke 130-150 km/h und Fiji meldete 60 kn max, Honolulu malte dann um 15 Uhr auf die Wetterkarte 75-90 kn. Da wurde es uns dann erst wirklich mulmig! Bis gut 50 kn kennen wir Depressionen in der Karibik und Stürme in Korsika und Mallorca, aber noch mehr.... ob das wohl gut geht so vor Anker?

    tropical cyclon oli 1

    Ob wir wohl doch an die letzte freie Mooring der Marina fahren sollten und dieser vertrauen? Am Tag vorher waren wir von Franzosen hier vor Ort gewarnt worden, dass diese nicht sicher sei. Er habe selbst an der Mooring gelegen und haben beim Tauchen festgestellt, dass irgendwelche Bolzen nicht in Ordnung sein. So sind wir vorher also zum Hafenmeister gefahren - er hat versichert, dass die Mooring in Ordnung sei, neue Bolzen etc. Also haben wir uns dann an diese Mooring der Marina Taina gelegt. Das war dann gegen 16 Uhr. Am Dienstag hatte es schon immer wieder bei dem Wind ordentlich geregnet, am Mittwoch waren nur hin und wieder ein paar dicke Tropfen in dem Wind, der mittlerweile von Norden mit ca. 25 kn blies.

    Tja, ob nun die Mooring haelt - schaun wir mal! Vorsichtshalber hatten wir unser Schlauchboot im Wasser gelassen, mit ordentlichen Leinen, vollem Spritkanister und Wasserbalast, damit es nicht so schnell wegfliegt - für den Fall, dass die Mooring nicht halten sollte und wir zum Riff abtreiben, koennten wir zumindest von Bord, ohne an Land schwimmen zu müssen, was bei der schon herrschenden Strömung - das Wasser war mittlerweile auch um ca. 1 m gestiegen - nicht moeglich. Der Inhalt unserer "Überlebenscontainer" für den Havariefall auf See wurde dann erst einmal im Vorschiff verstaut, und statt dessen mit soviel wie moeglichen Wertsachen gefüllt. Zudem 2 Laptops wasserdicht verpackt und einen Beutel mit Kleidungsstücken und Schuhen verzurrt, damit man nicht nackig an Land rumlaufen muss.

    Mittlerweile war es dann auch schon 22 Uhr - Zeit, sich noch ein bisschen hinzulegen - bevor es hier richtig zur Sache gehen sollte. Die Zugbahn des Kerns bzw. des Auges von OLI wurde mittlerweile nach Streifen der "Inseln über dem Wind" von Bora Bora über Raiatea mit einem Abstand von ca. 250 km südwestlich von Tahiti gemeldet. "Durchgangszeit" 02.00 Uhr in der Nacht! 

    Und wirklich, so gegen 01.00 wurde es dann richtig stürmisch - aber bei Nordwind lagen wir in der Landabdeckung - und es war zu ertragen. Es heulte und pfiff - der Windgenerator brummte so laut, dass wir ihn festgebunden haben - und nach ca. 3 Stunden wurde das Toben und Brausen eine Nuance leiser - und so hielt es sich dann bis zum Morgen - am naechsten Tag, Donnerstag, fegten noch einmal Orkanboen über uns weg - und es fing hin und wieder an, mal zu regnen, aber nur für 3 Minuten - dann war es wieder trocken.

    Es war alles überstanden! Die Schaeden sind moderat hier auf der Insel - zum Glück - und bei den Seglern hier gar keine.

    tropical cyclon oli 3

    OLI hat sich dann auf dem weiteren Weg nach Südosten von 965 auf 925 hp vertieft und die Australinseln verwüstet.

    Wir hatten uns intensiv informiert, bevor wir uns im November 2009 entschlossen hatten, die Cyclonsaison in Tahiti zu verbringen. TRAMP ist nicht die einzige auslaendische Segeljacht in Tahiti
    Arthur aus England, Thomas und Christin aus Schweden, Walther aus Schweden und Sebastian und Gerda aus Italien und Therry aus USA sind auch hier mit uns und ca. 80 franz. Yachten (teilweise sind sie schon ueber 12 Jahre hier).

    OLI ist der 2. staerkste Wirbelsturm in der Franz. Polynesischen Geschichte gewesen - der staerkste war im Jahr 1982 - und nach 1982 wurde bisher nur 1997 Franz. Polynesien von einem Cyclon heimgesucht. Auch trotz der ca. alle 4 Jahre auftretenden El Nino-Jahre wurde Franz. Polynesien nicht von Cyclonen berührt. Also ausser dem Phaenom in der Saison 1982/83 und in 1997 traten bisher hier keine Cyclone auf, davor 1912.

    Am Freitag haben wir uns dann so langsam wieder erholt und sind wieder in unserem Swimmingpool vor Anker gegangen, am Samstag wollten wir die Mooring bezahlen – ist kostenlos für die 2 Tage - und am Sonntag schauen wir in die Wetterkarte - das naechste Tief hat sich in eine Depression verwandelt - da haben wir alle Sachen wieder zusammengepackt - für Montagmorgen 5 Uhr den Wecker gestellt, um nach Port Phaeton zu segeln – nach dem Aufstehen die Wetterkarte geladen - PAT - so heisst die neue Depression, zieht nach Süden - sie will nicht nach Südosten! So bleiben wir erst einmal noch hier an unserem Ankerplatz mit Sicht auf Moorea und Korallenriff zum Schnorcheln. Und da das Dinghi nun schon auf Deck liegt, bearbeitet Günther den Rumpf, um die Schrammen und Kratzer auszuspachteln und neu zu lackieren. Das Wetter hat knapp 30 Grd bei schoenen gefühlten kühlen 28 Grad und leicht bedecktem Himmel.

    tropical cyclon oli 4

    Und jetzt ist es Dienstagnachmittag – 16 Uhr - die neue Wetterkarte zeigt eine neue Depression. Ob sie heute Abend schon einen Namen hat? Wo wird sie sich ihren Weg bahnen – nach Tahiti hoffentlich nicht!

    Heute – am Freitagmorgen – hat sich die Depression von Dienstag – sie heißt jetzt PAT – schoen im Westen etabliert. Viele viele Meilen entfernt – und dahinter bildet sich nun ein neue Depression mit dem Namen RENE – die Cyclonsaison hier im Südpazifik dauert noch bis April.....

    flagge polynesien

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